Rückblick auf einen bewegenden Abend in Forst …
 

Zum 08.02.2013 hatte eine Gruppe junger Menschen nach Forst zum Podiumsgespräch eingeladen. Das Gespräch war interessant. Viele aufgeschlossene Menschen und sogar eine sehr initiative Landtagsabgeordnete waren im Publikum dabei.

Nach dem Podiumsgespräch war noch gewöhnlicher Smaltalk – doch unversehens fand man sich im hinteren Teil des Raumes in großer Runde zu einem Gespräch zusammen. Die Fragen waren plötzlich: Welche Aktionen können wir machen? Wie können wir sie machen? Wie erreicht man Öffentlichkeit? Und was macht Sinn?

Über längere Zeit verlief das Gespräch suchend und in unbestimmter Weise. Die Worte gingen hin und her ohne schon direkt ein Ziel zu finden. Unter allem war aber ein Ernst zu fühlen, wie er selten anzutreffen ist. Der Ernst war erst zu fühlen und fand in den Worten noch gar keinen Grund. Doch endlich ging das Türchen auf:

Hinter der Einladung zum Podiumsgespräch hat ein „Freundeskreis Bert Neumann“ gestanden http://bertneumann.blogsport.de/, ein Kreis junger Menschen, der noch sehr zurückhaltend agiert, aber einen um das volle Hartz IV (incl. Wohngeld!) sanktionierten Menschen unterstützen möchte.

Das „Sanktionsopfer“, ein junger Mann, war mir bei meiner Ankunft im Saal als erstes aufgefallen, weil er sehr zart und blass, sehr scheu und zugleich sehr traurig auf mich wirkte. Ich hatte allerdings keine Ahnung, dass es (auch) um SEINE Unterstützung ging. Jetzt wurde mir aber seine Geschichte erzählt – und die ist so typisch für Hartz IV, zugleich aber auch so unmenschlich und erschreckend, dass ich sie kurz skizzieren möchte:

Der junge Mann ist SEHR erfahren im Umgang mit Computern, wird aber zum dritten Mal in einen völlig sinnfreien halbjährigen Computer-Anfängerkurs geschickt. Natürlich empfindet er deshalb auch Unmut. Zudem ist er krank, leidet an Morbus Cron, einer chronischen, in Schüben auftretenden Entzündung des Magen-Darmtraktes, und fällt deshalb wegen allgemeiner Schwäche, Durchfällen, Übelkeit und Erbrechen öfter in den Computerkursen aus.

Standartgemäß soll er dann immer, vom ersten Tag an, eine Krankschreibung bringen. In der Gegend herrscht allerdings ein eklatanter Ärzte-Notstand. Die ihn behandelnden Ärzte sitzen in Berlin – und die während eines Krankheitsschubes erreichbaren Ärzte lehnen neue Patienten wegen Überlastung ab.

So kann er der Pflicht, eine Krankschreibung zu erwirken, nicht nachkommen und ist jetzt zu seiner Krankheit, zu seiner Enttäuschung, nur in unsinnige Maßnahmen gesteckt und hingehalten zu werden, zu der Erniedrigung des Hungers auch noch obdachlos gemacht.

Die Sache hat sicher noch weitere Dimensionen, die sich dem ersten Hinblick entziehen. Wer aber den Betroffenen sieht, wahrnimmt, wie er krank ist (das ist unübersehbar) und wie der Kummer ihn beugt, der begreift, dass hier riesiges Unrecht geschieht.

(Zu seinem Schutz ist der Name des Betroffenen im Namen des Unterstützerkreises geändert.)


Über 10400 Menschen wurden im letzten Jahr total-sanktioniert. Entgegen der Behauptung von Herrn Alt (in der Sendung bei Maischberger vom 04.12.2012) wurde ein großer Teil von ihnen auch obdachlos gemacht. Wie viele Hartz-IV-Tote wir schon haben und ob ihre Anzahl die Mauertoten in der DDR nicht längst schon übersteigt, wird Forschungs-Thema künftiger Hartz-IV-Gedenkstätten und Hartz-IV-Mahnfriedhöfe sein …
Bei den VIELEN schrecklichen Botschaften, die mich fast täglich erreichen, befürchte ich allerdings das Schlimmste …

Jetzt ist die Frage:

Wie kann man helfen ???
http://bertneumann.blogsport.de